Polyglotter

Ein altes Sprichwort besagt: „Wie viele Sprachen du sprichst, sooft mal bist du Mensch.“ Wie ist es eigentlich möglich, mehrmals Mensch zu sein, also mehrere Sprachen zu beherrschen und sie sogar gleichzeitig verwenden zu können? Wie fühlt es sich an, so ein Polyglotter zu sein? Ja, mit der Anzahl der aktiv verwendeten Sprachen in meinem CV bin ich schon eindeutig ein Polyglotter – was auch bei meiner täglichen Arbeit von Vorteil ist. Sowohl für mich als auch für Sie als meinen Kunden. Wie fühlt sich das an? Lesen Sie mehr…

Fremdwort Polyglotter

Laut dem Duden ist ein Polyglotter ganz einfach eine Person, die „mehrere, viele Sprachen beherrscht“. So eine nüchterne Definition. In der Praxis stellt man sich vielleicht einen Sprachvirtuosen vor, der m  it Worten und Sätzen in wechselnden Sprachen ohne die kleinste Schwierigkeit jongliert. Vielleicht – oder auch nicht?


Turmbau zu Babel und Sprachverwirrung (Pieter Bruegel, 1563, Wikipedia)

Ein anderes Sprichwort – oder eher eine Lebensweisheit – besagt jedoch, dass der Erfolg aus 10 Prozent Talent und 90 Prozent harter Arbeit besteht. Polyglotter können bestätigen, dass auch das Sprachenlernen keinesfalls eine Ausnahme bildet. Man muss für Sprachen die richtigen „(Gehirn)Zellen haben“, ein Talent, eine Neigung und einen offenen Kopf für neue Kenntnisse, Wörter und Kommunikation. Dazu kommen allerdings die restlichen 90 Prozent – einfach lernen, lernen, lernen. Hier ist jeder Mensch anders – einer hat ein „fotografisches Gedächtnis“ und lernt ganze Wörterbücher auswendig, der Zweite baut auf der Grammatik auf und der Dritte kommt in ein fremdes Land und lernt nur vom Zuhören.

Englisch, Deutsch, Bulgarisch, Italienisch, Französisch, auch Slowakisch, Österreichisch oder Lateinisch: auch ein Polyglotter kann ohne diese Werkzeuge kaum zurechtkommen

Wenn man so eine Neigung und Leidenschaft für Sprachen bei sich selbst entdeckt und mehrere Sprachen studiert, schätzt man nach einiger Zeit auch eine andere Weisheit, oder eher Erfahrung: wenn man beispielsweise schon fünf fremde Sprachen beherrscht, dann ist die sechste relativ einfach. Immer findet man bestimmte Ähnlichkeiten im Wortschatz oder der Grammatik, immer kann man im Kopf viele Kenntnisse nur „mit Ctrl+C, Ctrl+V“ in die neue Sprache übertragen und dann anpassen. Aber natürlich muss man die Sprachen auch aktiv verwenden – sonst sterben sie auch im klügsten Kopf langsam, aber sicher aus.

Meine Sprachen – ein bisserl Eigenlob

Und wie ist es dann bei mir, mit diesem Wort-Jonglieren? Welche ist meine Muttersprache? In bestimmten Fällen ist es wirklich nicht sofort ganz klar…

Mit einer Neigung oder einem Talent für Sprachen muss ich wahrscheinlich wirklich schon geboren worden sein. Also: Ich bin geborener Tscheche (oder Mährer – das unterscheiden wir ja stolz! J), und meine Muttersprache ist Tschechisch. Ich hatte nie irgendwelche Schwierigkeiten beim Sprachlernen –  gerne las ich z.B. im Weltatlas die fremden Ortsnamen, wodurch ich tatsächlich die Aussprache vieler europäischer Sprachen lernte. Auch sonst hatte ich einen guten Hintergrund und gute Vorbilder in meiner Familie: mein Großvater war Professor der deutschen Sprache am Gymnasium und meine Mutter beherrschte schon immer, dank ihres Studiums der Pharmazie in Preßburg, exzellentes und akzentfreies Slowakisch. Dazu liebte sie Französisch – eigentlich auch dank ihres Studiums, genauer gesagt dank ihres kurzen Studienaufenthalts im Jahre 1968.

Eigenlob stinkt zwar – aber wenn ich schon beim Thema bin, sollte ich alles auch konkret vorstellen. Wahrscheinlich nach dem Vorbild meiner Mutter lernte ich ganz natürlich in der Slowakei mit Einheimischen ausschließlich slowakisch zu sprechen. In den Zeiten der Tschechoslowakei war es relativ einfach – Slowakisch war allgegenwärtig, im Fernsehen, in Filmen, und mehr. Dann kam das Pflichtfach Russisch – woran ich mich noch ein bisserl erinnere – und noch am Gymnasium die heutige Weltsprache Nummer 1, Englisch. Dank meines Studienaufenthalts (ja, wieder Studium!) 1991 in Großbritannien verbesserte ich mein Schulenglisch auf echtes Englisch – und demzufolge konnte ich auch mit dem Übersetzen anfangen (die Urgeschichte).

Internationale Konferenzen: Hier kommen die Sprachkenntnisse in Einsatz (Foto: Kamil Vykopal, http://www.railconference.com)

Und dann? Deutsch, die zweite Sprache meines Opas, kam überraschenderweise viel später. Ich kannte immer „ein paar Wörter“ und die deutsche Sprache war in Tschechien oder der Tschechoslowakei immer irgendwie „um uns herum“: Nicht nur, dass man Deutsch in Schulen lernte, dank unserer jahrhundertlangen Verbindung mit dem deutschsprachigen Raum (ja, wieder die gute alte Donaumonarchie) flossen ins Tschechische viele deutsche Wörter und Begriffe über – insbesondere in den (inoffiziellen) technischen Slang (Bauwirtschaft, Maschinenbau, und ja, auch meine beliebte Eisenbahn). Und der Brünner Dialekt – der für „normalsterbliche“ Tschechen fremd sowie auch lustig klingt – ist wortwörtlich voll von verstümmelten Worten aus dem Deutschen, besser gesagt aus dem Österreichischen.

Soviel zur deutschen Sprache, die ich ungefähr ab 2009 gründlich lernte. Die Motivation für eine weitere Sprache waren meine Reisen ins polnische Grenzgebiet um 1990. Polnisch ist zwar mit Tschechisch verwandt, jedoch muss man hier mit den sogenannten „False Friends“ sehr vorsichtig sein. Das sind Wörter, die scheinbar gleich sind, tatsächlich aber sehr unterschiedliche Bedeutungen haben. Ein hoffentlich international verständliches Beispiel, stellvertretend für die Tausenden anderen: „dywan“ bezeichnet weder die Heeres- oder Ratsversammlung (was eigentlich die ursprüngliche Bedeutung war), noch entspricht es dem deutschen oder tschechischen Diwan, also einem Sofa oder einer kleinen Couch. Nein, der polnische „dywan“ ist ein Teppich.

Das sind die Sprachen, bei den ich mich selbst loben kann: Tschechisch und Slowakisch als Muttersprachen (beide auf äquivalentem Niveau), dann Englisch, Deutsch und Polnisch. Und was kommt als Nächstes?

 

Auch für die weise Eule (sie heißt Theresa 🙂 )ist die Vielfalt der Sprachen herausfordernd

Ich „kokettierte“ schon lange mit mehreren Sprachen, von denen bis heute zumindest Grundkenntnisse geblieben sind (nicht mehr, grundsätzlich mangels einer stärkeren Motivation). So absolvierte ich ein paar Lektionen Französisch (wo ich immer noch in der Lage bin, mich auf der Straße zu orientieren und aus dem Menü zu bestellen – was ja eigentlich auch das Wichtigste ist), dann Spanisch, Italienisch (wo ich in schriftlicher Form überraschend viel verstehen kann), dann Holländisch, oder korrekt Niederländisch (das ich immer noch irgendwie wahrnehme – die Gebürtigen werden verzeihen – als einen seltsamen Übergang zwischen Deutsch und Englisch). Aktuell habe ich mich ins Bulgarische verbissen und langsam erreiche ich Niveau B1 – aufgrund einer ganz privaten Motivation.

Tor zum Land, Tor zu Menschen

Eine schon ziemlich solide Liste – das Potenzial und meine Begeisterung für die (europäischen) Sprachen sind jedoch keinesfalls erschöpft. Ich würde sehr gerne zum Niederländischen zurückkehren, Italienisch ordentlich lernen und dann mit den ex-jugoslawischen Sprachen weitermachen – mit dem heutigen Kroatisch, Serbisch und Bosnisch. Und als eine Herausforderung sehe ich Ungarisch – wobei da nicht nur kaum „False Friends“, sondern auch fast keine „True Friends“ mit jeglicher europäischer Sprache zu finden sind.

Und was bedeutet es alles für mich? Wäre es nicht genug, einfach Englisch als die moderne Lingua Franca zu beherrschen und in der Slowakei und vielleicht auch in Polen einfach tschechisch zu sprechen?

Tor zum Land, Tor zu Menschen

Wie viele Sprachen du sprichst, sooft mal bist du Mensch – habe ich am Anfang angesprochen. Und ich nehme es mehr oder weniger wörtlich. Die Sprache ist für mich immer das Tor zu dem Land, zu der lokalen Geschichte, Küche, und vor allem zu den Menschen. Man kommt ihnen viel näher, wenn man ihre Sprache zumindest ansatzweise beherrscht.

Außerdem bedeutet es für mich eine große Freiheit – die für mich wirklich wichtig ist, wie ich schon in meinem Posting über Freelancing erwähnt habe (siehe <LINK 28>). Ich habe die Freiheit, mich mit verschiedenen Menschen bei demselben Tisch in jeweils ihrer eigenen Sprache zu unterhalten. Ich brauche keine Übersetzung bei Konferenzen und anderen Tagungen. Ich kann schnell zwischen den Sprachen umschalten und es macht mir keine Umstände, eine Frage mithilfe einer anderen Sprache bis ins Detail zu klären und dann in die Verhandlungssprache oder sogar in die Sprache eines anderen Teilnehmers zu übersetzen. Und ebenfalls macht es mir keine Umstände, bei schriftlichem Übersetzen Quellendokumente in verschiedenen Ausgangssprachen zu konsolidieren oder sogar Informationen aus einer ganz anderen Sprachgegend einzubringen.

Und welche Sprache ist für Sie wichtig, für Ihre Arbeit, für die Kommunikation mit Ihren Kunden? Was für Erfahrungen haben Sie mit mehrsprachiger Umgebung? Vielleicht könnte auch ich mit meinen Kenntnissen und Erfahrungen zu Ihren Projekten beitragen!

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